Eine Ausstellung mit Werken von Marta Djourina, Lukas Hoffmann, Sara-Lena Maierhofer, Berit Schneidereit und Lucia Sotnikova. Teil des EMOP Berlin – European Month of Photography.
Der Grad der Undurchsichtigkeit eines Materials wird mit dem Begriff Opazität beschrieben. Im übertragenen Sinn beschreibt Opazität die Schwierigkeit, etwas zu verstehen oder zu durchschauen. Die Ausstellung Deep Dream versammelt fünf künstlerische Positionen, die mit fotografischen Mitteln den Blick auf Bereiche lenken, die außerhalb unserer Wahrnehmung oder Vorstellungskraft liegen: Marta Djourina untersucht Phänomene des Lichts und schafft in der Dunkelkammer Bilder, die unsichtbare Prozesse sichtbar machen. Sara-Lena Maierhofer belebt ausgestorbene Spezies und inszeniert in kleinformatigen Fotogrammen Finanzskandale des Spätkapitalismus. Lukas Hoffmann zeichnet in seinen Werken durch zeitliche und räumliche Verschiebungen unmerkliche Bewegungen im Stadtraum auf. In den Fotografien von Berit Schneidereit versperren Gitter- und Netzstrukturen den Blick auf das Abbild und zeigen, wie sich fotografische Bilder zwischen uns und die Welt schieben. Lucia Sotnikova nutzt stereotype Bilder der Popkultur und subtile Manipulation um gesellschaftliche Normen zu hinterfragen; in ihren Arbeiten verschmelzen Körper und Projektionen zu hybriden Bildwelten.
Kuratiert von Marta Djourina und Sara-Lena Maierhofer.
Marta Djourina
Marta Djourina erforscht Lichtphänomene auf analogem Fotopapier, wobei Licht zugleich Thema, Werkzeug und Untersuchungsgegenstand ist. In ihrer fortlaufenden Werkreihe großformatiger Unikate verwandelt sie das Fotolabor in eine Bühne für performative Lichtgesten. Sie bewegt sich mit verschiedenen Lichtquellen durch den Raum und beschreibt dabei die gesamte Bildfläche des Fotopapiers, das eine Größe von 6 × 1,83 Metern hat. Sie kombiniert fotografische und malerische Gesten, um das Verborgene sichtbar zu machen und flüchtige Momente zu fixieren. Ihr Ansatz verbindet Langzeitbelichtungstechniken mit spontanen Lichtinteraktionen, schafft ein Gleichgewicht zwischen Präzision und Unvorhersehbarkeit und verwandelt ihre Bewegungen in visuelle Spuren – wodurch sie Fotografie als körperliche Performance neu definiert.
Lukas Hoffmann
Lukas Hoffmann bewegt sich mit seiner 8×10 Inch Großbildkamera durch den Berliner Stadtraum und erkundet die Grenzen zwischen Zufall und Komposition in der Fotografie. In seiner Serie Doppelbelichtungen (2023–2024) verzichtet er auf ein Stativ und fotografiert Passanten aus einer Distanz von etwa 2,6 Metern – und belichtet zwei Mal auf dasselbe Negativ. Die zeitlichen und räumlichen Verschiebungen überlagern sich und lassen Figuren, Stadtbild und Vegetation ineinanderfließen. So entstehen Bilder, in denen die Realität fragmentiert und oft auch unwirklich erscheint. Hoffmanns Arbeiten sind eine Reflexion über Zeit, Perspektive und räumliche Wahrnehmung – in der Fotografie wie im alltäglichen Erleben – und ermöglichen einen neuen Blick auf scheinbar Vertrautes.
Sara-Lena Maierhofer
Dinosaurier sind meist groß, furchteinflößend und übermächtig – too big to fail. Und doch sind sie ausgestorben. Der Begriff too big to fail beschreibt auch Finanzinstitute, die aufgrund ihrer Größe und Vernetzung mit dem Finanzsystem bei drohender Insolvenz staatlich gestützt werden. Die Dinosaurier in der Arbeit Futures (2022) setzen sich aus Motiven der visuellen Berichterstattung vergangener Finanzskandale zusammen und stehen für ein Wirtschaftssystem, das nur im Wachstum existieren kann – ein Widerspruch zu den begrenzten Ressourcen der Erde. Die Fotogramme sind formal reduziert, ihre einfache Ästhetik erinnert an Kinderzeichnungen. Unterschiedliche Zeitebenen überlagern sich: Ein Jahrhunderte altes Verfahren welches mithilfe digitaler Bilder aus dem Netz eine vor 65 Millionen Jahren ausgestorbene Spezies abbildet.
Berit Schneidereit
Die großformatigen hybriden Schwarz-Weiß-Fotogramme der Serie retouch (2021-2023) beruhen auf dem Archiv der Künstlerin, das sie auf Reisen kontinuierlich vergrößert. Unterwegs sucht sie nach Orten, die eine Ambiguität in sich tragen: urbane Stätten, an denen Natur und Kultur sich kreuzen oder ineinander übergehen. Ihnen steht die Werkserie shades (2023, ongoing) gegenüber: Wir nehmen Fragmente einer Bewegung entlang eines wilden Gartens wahr. Inmitten eines Licht- und Schattenspiels, das sich auf transluzider Oberfläche abzeichnet, zeigt sich Gewachsenes und Geformtes in ästhetischer Illusion zwischen aufscheinender Landschaft und innerem Bild. Während die materiale Struktur als räumliches Gegenüber zum abgebildeten Raum besteht, wirkt sie bildimmanent als verknüpfendes Netz, als dispositive Anordnung.
Lucia Sotnikova
Lucia Sotnikovas fortlaufende Serie Stage Lights, Kitchen Nights beginnt mit anonymen Bildern von Online-Verkaufsplattformen – zweckgebunden, direkt, ohne Inszenierung. Sie projiziert diese Bilder auf ihren Körper und versucht, sich anzupassen. Diese kommerziellen Bilder, ursprünglich für den Wiederverkauf gedacht, erhalten eine neue Bedeutung, indem sie die ästhetischen Mechanismen der Popkultur entlarven, die Schönheits- und Machtideale verstärken. Die bewusste Fehlanpassung der Bildebenen schafft verstörende Hybride, die Authentizität, Identität und Autorschaft hinterfragen. Sotnikovas Werk setzt sich kritisch mit Transformation, Normalisierung und den subtilen Mechanismen visueller Einflussnahme in der zeitgenössischen Gesellschaft auseinander. Die Titel verweisen auf ihren Ursprung, doch die Bilder haben sich längst davon gelöst.