Anlässlich unseres jüngsten Studiovisitis beim Künstler in Wuppertal wählten wir gemeinsam die Werke für die Berliner Ausstellung aus. Dabei beantwortete uns Robin noch einige Fragen zu seiner Arbeitsweise und seinen Inspirationsquellen.
Lieber Robin, vor einem Jahr wurden wir auf deine immersiven Graphit-Zeichnungen auf Papier und Leinwand aufmerksam. Das war anlässlich deiner Diplompräsentation an der Kunstakademie Düsseldorf im Sommer diesen Jahres, zu der wir nocheinmal herzlich gratulieren. Deine erste Ausstellung im projectspace unserer Galerie trägt den Titel „INTO THE TREES“.
Welche Beziehungen hat deine künstlerische Arbeit zum Wald und du persönlich?
Danke! Wälder und florale Anordnungen bilden eine der wichtigsten visuellen Grundlagen für viele der organischeren Zeichnungen. Die einzelnen Formen und übergeordneten Muster sind das Resultat eines andauernden Abstraktionsprozesses dieser visuellen Impulse. Dunkle, in Schatten getauchte Wälder haben schon als Kind eine Faszination auf mich ausgeübt. Insbesondere im Dämmerlicht verselbständigt sich die Wahrnehmung. Die eigene Sehleistung kapituliert vor der ephemeren Komplexität der Szenerie. Das ist für mich immer eine eindrückliche, atmosphärische und ästhetische Erfahrung, in der ich mich verlieren kann und für die ich nach bildlichen Entsprechungen suche.
Deine immersiven Graphit-“Zeichnungen“ entstehen auf Papier und Leinwand, bevorzugt im großen Format. Besonders in deinen monumentalen Bildern geht das Detail – dargestellt in unscharfen Punkten oder in der Andeutung der Spur einer bewegten Schlaufe – in einem großen Ganzen auf. Mit welchen technischen Mitteln arbeitest du und lässt deine Bilder entstehen?
Ich arbeite sehr viel mit Holzkohlemehl und Graphit. Mit Beidem kann ich sowohl sehr kleinteilig und präzise als auch flächig und eher großzügig arbeiten. Dabei gibt es meistens eine lose Grundidee für das Bild selbst, wobei die meisten Fragen innerhalb des Prozesses beantwortet werden. Insbesondere die biomorphen Zeichnungen wachsen in organischen Schichtungen, die sich fast schon verselbstständigen. Die „Punkte“ oder „Schlaufen“ entstehen mit einem rhythmischen Gestus durch eine schnelle Bewegung des Handgelenkes.
Welche medialen und optischen Diskurse suchst und findest du in deiner Arbeit? Und gibt es angesichts der Wirkung eines unbestimmten Rauschens vor deinen Bildern auch Anregungen aus der Musik?
Ich finde es spannend innerhalb der Zeichnung Bezüge zu den Qualitäten der Druckgrafik und zu digitalen Bildfindungsprozessen herzustellen, um dann ihre Glätte und maschinelle Präzision mit klassischen Qualitäten der Zeichnung zu verbinden. Aber auch die Zeichnungen von Menzel und auch z.B. die Radierungen von Goya haben mich schon als Jugendlicher fasziniert und haben immer noch einen beträchtlichen Einfluss auf meine Arbeit. Musik spielt aufjedenfall eine Rolle. Der Titel “INTO THE TREES” ist auch ein Songtitel aus einem meiner Lieblingsalben, und zwar The Last Resort von Trentemøller. Die konzentrierte Intensität des ganzen Albums inspiriert mich.
Deine Bilder scheinen ihre Begrenzungen auflösen zu wollen. Ob aus der weissen Wand heraus pulsierend oder – wie zu deiner Diplompräsentation – schwebend vor den mit Graphitschwarz bedeckten Wänden wie in einer Blackbox. Der Betrachter hat das Gefühl, Teil eines Ganzen zu sein zu dürfen. Welche Relevanz hat für dich als junger Mensch das Verhältnis zwischen Konzentration und Immersion, Individuum und Gemeinschaft, Mensch und Natur?
Für mich ist das Spannungsfeld zwischen Konzentration und Immersion am wichtigsten. Ich finde den Gedanken reizvoll, dass die Bilder in der Wahrnehmung zwischen diesen beiden Polen, zwischen denen ich mich auch selbst im Prozess befinde, hin und her changiert. Durch eine scheinbare Unbegrenztheit und das gewollte Eintreten in den Bildraum steigert sich die Möglichkeit, diese Auseinandersetzung einzugehen, noch. Dabei bildet die Natur keinen zentralen dualistischen Gegenpart zum Menschen. Sie wird eher die Projektionsfläche der eigenen Innerlichkeit und der Anlass, sich im Bildraum zu verlieren. Trotzdem ist sie als psychologischer Anknüfungspunkt wichtig.
So genau man auch hinschaut – in der Dichte aus Punkten, Schlaufen und den weichen Schattierungen aus Graphitstaub hinterlässt du keine Spur eines persönlichen Duktus’. Wo kann man dich in deinem Werk finden, wo dir begegnen?
Tatsächlich finde ich den Gedanken, den Duktus oder die Spur aus meinen Arbeiten zu verbannen, theoretisch reizvoll. Ein nicht klar herleitbares Herstellungsverfahren macht neugierig und zwingt zu einer konzentrierten Betrachtung. Allerdings bilden für mich die vielen kleinen Elemente in den organischeren Zeichnungen und die zarten Verunreinigungen klare Verweise auf mich. Jede „Schlaufe“ und jeder „Hacken“ ist für mich eine persönliche Geste.